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Neuwirths MANGA TRAIN (21') besteht aus
30 kurzen, in Japan gedrehten Szenen, die mittels Zeitlupe von einer
ursprünglichen Länge von jeweils acht auf 40 Sekunden gedehnt
wurden. Die Kamera ist zumeist, aber nicht immer, unbewegt. Der O-Ton
läuft im Gegensatz zum Bild in Normalgeschwindigkeit ab, wodurch
eine ganz besondere Spannung entsteht, die die räumlich nahen
Bilder zuweilen in die distanzierte Sphäre der Erinnerung taucht.
MANGA TRAIN praktiziert ein vorsichtiges,
zurückhaltendes Schauen in einer fremden Kultur, inszeniert dabei
aber keinen olympischen Lumière-Blick, sondern präsentiert
zumeist subjektiv ausgewählte Details. Diese Close-ups erheben
keinen Anspruch auf Repräsentativität, wollen sich nicht
als irgendwie bestimmtes oder eindeutiges Japanbild aufdrängen.
Neuwirth konfrontiert uns mit einem ,,persönlichen filmischen
Album", aus dem man beim Zusehen selbst auswählen und sich
ein eigenes Bild machen kann. Der Film beliefert nicht mit Erklärungen,
sodaß manches ohne zusätzliche Information durchaus unverständlich
bleiben kann. Zumeist sieht man jedoch Alltägliches und vermeintlich
Vertrautes (,,Sumo, Sushi, Surround Sound", Michael Omasta).
Daß Neuwirth das ,,Bekannte" durch seine spezielle Wiedergabe
für ein erneutes Hin-Sehen zu öffnen vermag, ist eine der
Qualitäten seines Films. Nicht zuletzt enthält MANGA
TRAIN auch ,,leere" Szenen, in denen die Aktivität,
die am gezeigten Ort zu einer anderen Zeit oder zur selben Zeit, aber
in der Hauptsache außerhalb des Bildraumes stattfindet, nur
durch die Tonspur vermittelt wird.
Thomas Korschil, In: Meteor Sondernummer Diagonale
1998
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