In 36 Videominuten durch Wien Wien
— Die Idee ist einfach: An einem (zufällig) bestimmten
Tag, dem 15. Oktober 1991, genau eine Minute Video-Film mit Wien-Bezug
zu realisieren. Ausgedacht und koordiniert hat dieses Projekt der
Kameramann und Dokumentarfilmer Manfred Neuwirth (Erinnerungen an
ein verlorenes Land], realisiert haben es seine Weggefährten
aus der Wiener Medienwerkstatt, der Künstlergruppe Der Blaue
Kompressor und andere unabhängige Film- und Videoschaffende.
Es sind insgesamt 36 Minuten-Stücke geworden, die unter dem
Titel Wienminuten an einem Abend zu sehen sind: Was den Reiz dieser
Arbeit ausmacht, ist das Unbekümmerte der Montage, in der dokumentarische
Impressionen auf strenge strukturelle Anordnungen prallen, experimentelle
Formen auf essayistischen Miniaturen folgen.
Und: Manche „Minute" ist geradezu in den Status eines
Kleinods zu erheben — etwa Ilse Gassingers wunderbar wehmütige
Video-Postkarten-Grüße aus Übersee; Herbert Papers
glückliche Zeit-im-Bild-Meditation über die Zeit im Bild,
und die Zeit des Bildes; Anna Steiningers Fahrten durch die flackernde
Monotonie der Wiener Vorstadt.
Oder auch Karin Bergers verschmitzte Hommage an ihr erstgeborenes
Kind (das sich nicht ganz genau an den zeitlichen Rahmen des Projekts
halten wollte — es war schon zwei Stunden 16. Oktober 1991);
Michael Langoths Stakkato-Akkordeon vor aktuellen Wiener Plakatwänden
oder Leopold Lummerstorfers über die allmorgendliche Radiokatastrophen-Minuten,
um lediglich die persönlichen Vorlieben zu nennen.
Constantin Wulff, Der Standard
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