Manga Train |
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Sumo, Sushi, Surround Sound. Bilder und Töne, gesehen und gehört in Tokio, Osaka, Hakodate und Kyoto, aufgenommen in Zügen und Gärten, auf der Straße und im Regen. Alltägliche Momente, deren akute Schönheit nur zu entdecken vermag, wer, in den Worten von Walter Benjamin, mit der geschärften Wahrnehmung des Flaneurs die Bilder sucht „wo immer sie hausen".
Manga train baut auf einer musikalischen Struktur auf, sein diverses Bildmaterial ist fast ausschließlich über die Tonspur organisiert: Lautsprecherdurchsagen, das Klappern von Pachinko-Kugeln, gedämpfte Stimmen, Musik aus Transistorradios oder das unablässige Donnern des Verkehrs auf einer nahen Schnellstraße bestimmen den Rhythmus des Films, der sich aus dreißig Einstellungen von jeweils acht Sekunden Dauer zusammensetzt; die Bilder, gefilmt als steady shots, laufen in fünffacher Zeitlupe ab. Die Kadrage, Räume und Bewegungsabläufe werden gleichsam in ihre einzelnen Teile aufgeschlüsselt, um sich binnen eines Wimpernschlags sogleich wieder zu einer Fülle neuer Details und Assoziationen zu verdichten.
Am stärksten kommt dieser Effekt in solchen Einstellungen zur Geltung, in denen zwischen Bild und Ton mitunter ein krasses Missverhältnis zu herrschen scheint. Etwa, wenn zwei Männer im Park selbstvergessen zu einem Song von Elvis tanzen, wohingegen später die Fahrt auf einer Rolltreppe, während der lediglich der blaue Handlauf an der Seite zu sehen ist, sich nachgerade ausnimmt wie ein akustischer Exzess. Oder dann, wenn die Kamera unverwandt auf eine halbverwitterte, rötliche Lehmwand von Rioanji blickt, und nur das andächtige Murmeln der Besucher den Zuschauer daran zweifeln lässt, das Gemälde eines impressionistischen Meisters vor sich zu haben.
Manga train ist weder reine Avantgarde, noch Dokumentarfilm pur, sondern „ein persönliches filmisches Album”, sagt Manfred Neuwirth, „ein Album zum Durchblättern. Meine Assoziation zu Japan: Mit dem Herzen staunen.”
Michael Omasta